Parallel mit mehreren anderen Organisationen fordert der Flüchtlingsrat Bremen den Senator für Inneres dazu auf, im Vorgriff auf die Umsetzung des Koalitionsvertrages bereits jetzt begünstigende aufenthaltsrechtliche Regelungen zu schaffen.
Im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung wurden einige Änderungen im Aufenthaltsrecht vereinbart. An dessen zentraler Funktion, im Bundesgebiet lebende Menschen ohne deutschen Pass zu entrechten und auszugrenzen, wird zwar festgehalten. Die Diskriminierung soll aber moderner, flexibler und effizienter werden. Das kann für viele Betroffene Verbesserungen bringen.
Zum Beispiel wird die sogenannte „Duldung light“ abgeschafft. Deren wichtigste Funktion ist eine ideologische: Statt anzuerkennen, dass Geflüchtete in viele Teile der Welt weder zurück wollen noch können, werden sie „ausreisepflichtig“ gemacht, um sie anschließend für eine nicht erfolgte Ausreise selbst verantwortlich zu machen und sie zu sanktionieren. „Dieser gefährliche Unsinn kann und muss sofort beendet werden“, so Nazanin Ghafouri vom Flüchtlingsrat Bremen.
Ein zweites Beispiel ist das so genannte „Chancen-Aufenthaltsrecht“ für Menschen, die seit langem in Bremen leben, denen aber dennoch bisher die Aufenthaltserlaubnis verweigert wird.
Nicht zuletzt sollen Auszubildende endlich eine Aufenthaltserlaubnis statt nur einer Duldung erhalten. „Auch diese entrechtende und demütigende Realitätsverweigerung kann der Senator für Inneres bereits jetzt, vor der Änderung des Bundesgesetzes, in Bremen beenden lassen“, so Ghafouri weiter.
Die Umsetzung des Koalitionsvertrages in diesen Punkten kann noch monate- oder sogar jahrelang dauern. Während dieser Zeit werden unablässig Fakten geschaffen, der entstehende Schaden für die Betroffenen ist nachträglich nicht zu heilen. Vorgriffsregelungen auf ein kommendes Gesetz sind dagegen zulässig und auch bereits Praxis. Der Senator für Inneres hat im Februar gegenüber den ihm unterstellten Ausländerbehörden „angeregt“, die Abschiebung von Menschen mit potentiellem „Chancen-Aufenthaltsrecht“ zurückzustellen. Darüber hinaus wurde bisher nichts unternommen.
Deshalb hat der Flüchtlingsrat dem Senator für Inneres und dem Senat Anfang März eine Liste mit konkreten Vorschläge für Vorgriffsregelungen vorgelegt. Eine Antwort liegt bisher nicht vor.