Taschengeldentzug gegen geflüchtete Minderjährige

Das Bremer Jugendamt zahlt schutzbedürftigen jungen Geflüchteten nur einen Bruchteil des notwendigen Mindestbetrags an Taschengeld

Grundlage ist eine diskriminierende Sonderregelung des Sozialressorts von 2015

Minderjährige, die in Einrichtungen der Jugendhilfe leben, erhalten als Teil der Jugendhilfeleistungen einen Barbetrag zur persönlichen Verfügung, das „Taschengeld“. Bremen regelt die Gewährung dieses Barbetrags seit 2021 in einer Landesrichtlinie. Sie gilt für alle junge Menschen, die in der Jugendhilfe oder in der Inobhutnahme leben.

Ausgerechnet und einzig eine Gruppe besonders schutzbedürftiger Minderjähriger in einer besonders vulnerablen Situation wird jedoch seit 2015 von dieser Regelung ausgeschlossen, nämlich unbegleitete ausländische Kinder und Jugendliche während einer vorübergehenden Inobhutnahme nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz. Allein im Jahr 2022 waren über eintausend Jugendliche betroffen.

In der gesonderten Verwaltungsanweisung dazu knüpft das Ressort die Auszahlung des Taschengelds an Bedingungen, zum Beispiel die Wahrnehmung von Terminen und an eine Wartezeit von acht Tagen.

Die Höhe des Taschengeldes wird an den Sätzen des Asylbewerberleistungsgesetz orientiert, was für Jugendliche in einer Schutzmaßnahme des Jugendamtes selbstverständlich unsachgemäß ist.

Der erheblich zu niedrige Betrag von 1,5 € pro Anspruchstag wurde zudem seit 2015 nicht erhöht. Dies erinnert an den menschenverachtenden Umgang mit Asylsuchenden, bei denen ebenfalls die gesetzlich vorgesehene Anpassung jahrelang „vergessen“ wurde, bis das Bundesverfassungsgericht 2012 Klarheit schuf: Die Beträge des AsylbLG waren verfassungswidrig zu niedrig.

Die Höhe sozialer Leistungen wird nun regelmäßig an die Regelbedarfsstufen angepasst, also (wenn auch in zu geringem Maß) erhöht – außer für die schutzbedürftigen alleinstehenden Minderjährigen in der vorübergehenden Inobhutnahme in Bremen.

Kaum Bargeld zur Verfügung zu haben, bedeutet eine erhebliche Einschränkung des Alltagslebens, der Entwicklungsmöglichkeiten und der Autonomie. Mit 1,5 € am Tag ist sind nicht einmal grundlegende Notwendigkeiten wie prepay-Credit für das Telefon oder die Fahrkarte zur eigenen rechtlichen Vertretung im Jugendamt finanzierbar.

Der Flüchtlingsrat hat der Senatorin einen konkreten Verbesserungsvorschlag gemacht, nämlich schlicht und einfach die allgemeine Regelung in der Jugendhilfe auf alle Minderjährigen in der Jugendhilfe anzuwenden. Darauf gab es bisher keine Antwort. Andere Kommunen und Bundesländer verfahren bereits seit Jahren so.

„Das Sozialressort grenzt besonders schutzbedürftige geflüchtete Minderjährige aus der Taschengeldregelung der Jugendhilfe aus“, fasst Holger Dieckmann vom Flüchtlingsrat Bremen zusammen. „Das Ressort hält sich dabei nicht einmal an die eigene diskriminierende Sonderberechnung. Alleinstehende geflüchtete Minderjährige erhalten deshalb zum Teil nur ein Drittel des benötigten Mindestbetrags an Bargeld. Das muss sofort geändert werden.“

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