Pressemitteilung vom 10.12.2020
Dem Flüchtlingsrat ist zur Kenntnis gelangt, dass das Sozialressort die Träger der Übergangswohnheime per Mail angewiesen hat, die Anwesenheit der Bewohner*innen täglich per Zimmerkontrollen zu überwachen. Diese „Regelung“ ist rechtswidrig, sie ist unzumutbar, sie entbehrt jeder Verhältnismäßigkeit. Der Flüchtlingsrat hat die zuständige Referatsleitung im Sozialressort heute aufgefordert, die unwürdigen und menschenrechtsverletzenden Zimmerkontrollen von Geflüchteten sofort einzustellen.
Zur Verdeutlichung zitieren wir hier aus der Regelung:
„Bis auf weiteres soll die Anwesenheit der Bewohner/innen in den ÜWH wieder täglich geprüft werden. Auf diesem Wege soll festgestellt werden, ob jemand länger als 24 Stunden weg ist. Dabei werden die ÜWH tagsüber auch vom Sicherheitsdienst bei den Kontrollen unterstützt. … Die Anwesenheitskontrolle soll durch Klopfen an die Tür erfolgen. Wenn niemand öffnet, soll ein Zettel unter der Tür durchgeschoben werden, dass sich die Bewohner/innen noch am selben Tag melden müssen. … Der zusätzliche Sicherheitsdienst kontrolliert gleichzeitig das Besuchsverbot. Wenn die Tür aufgemacht wird, sollen die Bewohner zurücktreten und der Sicherheitsdienstmitarbeiter guckt, ob sich andere Personen in den Räumlichkeiten aufhalten.“
„…die Bewohner [sind] darauf hinzuweisen, dass das Verlassen des ÜWH über Nacht bzw. länger als 24 Stunden zum Verlust des Platzes im ÜWH führen kann.“
„Im Klartext gesprochen ordnet das Sozialressort an, dass Bewohner*innen der Übergangswohnheime staatlicherseits der Obdachlosigkeit ausgesetzt werden, wenn sie sich nicht durchgehend in ihren Zimmern aufhalten,“ so Gundula Oerter vom Flüchtlingsrat. „Alle Menschen in den Heimen müssen nach dem Willen des Sozialressorts unifomierten Securities täglich und jederzeit Einblick in ihre Privatwohnung gewähren, sonst können sie auf die Straße geworfen werden.“
Räume in Übergangswohnheimen unterliegen jedoch dem Schutz aus Art.13 GG. In der Anweisung, jemand solle täglich anlasslos alle Räume auf die Anwesenheit von Personen kontrollieren, sieht der Flüchtlingsrat eine schikanöse und erniedrigende Verletzung der Privatsphäre der Bewohner*innen.
„Bremens Bürgermeister versicherte Ende Oktober im Interview, dass im bevorstehenden Lockdown die sogenannten Ordnungskräfte nicht an der privaten Wohnungstür klingeln würden, um die Einhaltung der Maßnahmen zu kontrollieren“, so Gundula Oerter. „Diese „Versicherung“ gilt für die Bewohner*innen der Unterkünfte anscheinend nicht, denn sie werden überwacht und sanktioniert – und wer nachfragt oder sich gar beschwert, wird mit Hausverbot bedroht. Das ist staatlich verordnete Diskriminierung.“