Senat sabotiert eigenes Aufnahmeprogramm

Bremens Aufnahmeprogramm für afghanische Angehörige von Bremer*innen droht zu scheitern – vor allem weil der Senat im laufenden Verfahren willkürlich die Hürden erhöht. Die Frist zur Antragstellungläuft heute ab.
 
Zwei Jahre hat es gedauert bis der Bremer Senat im August 2023 sein Versprechen einlöste, und endlich ein Aufnahmeprogramm für die afghanischen Angehörigen von Bremer*innen vorlegte. Aufnahmeprogramme sind derzeit die einzige Möglichkeit, den Taliban zu entkommen.

„Die Menschen in Afghanistan, insbesondere die Frauen- und Kinder, haben de facto keine Rechte. Viele unserer Verwandten befinden sich in Lebensgefahr“, so die Frauen- und Menschenrechtsaktivistin Zarghuna Wali. „Es ist eine katastrophale Situation: Erdbeben, Hungersnot und Armut betreffen fast alle – auch in den primären Fluchtstaaten Pakistan und Iran.“
 
Trotz der verzweifelten Lage der aus Afghanistan fliehenden Menschen wurden die Hürden für ihre in Bremen lebenden Verwandten enorm hoch gesetzt: Sie müssen nachweisen, dass in Bremen der Lebensunterhalt ohne Sozialleistungen gesichert wird und mindestens 2.400 € Nettoeinkommen haben, um eine einzelne Person einladen zu dürfen.
 
Wegen dieser Hürde war bereits das Aufnahmeprogramm für Familienangehörige aus Syrien enttäuschend ineffektiv geblieben. Bremen schien daraus gelernt zu haben und hat dieses Mal die Möglichkeit eingeräumt, dass sich bis zu vier Personen eine Verpflichtungserklärung teilen können. Der Gedanke dabei: So können sich auch Menschen mit durchschnittlichem Einkommen beteiligen.
 
Der Flüchtlingsrat und andere Initiativen versuchen daher zur Zeit, Solidarität in der Bremer Bevölkerung zu fördern und und einen solidarischen Unterstützungsfonds zu organisieren (https://www.fluechtlingsrat-bremen.de/bremer-landesaufnahmeprogramm-afghanistan-umsetzen/). Eine schwere Aufgabe, auch weil monatelang weder Innenressort noch Ausländerbehörde noch das Sozialressort die genauen Bedingungen des Programms genannt haben.
 
Nun wurde bekannt, dass der Senat die eigene Regelung hintertreibt: Bei auf mehrere Personen aufgeteilten Verpflichtungserklärungen soll absurderweise mehr verlangt werden als der zu sichernde Lebensunterhalt: Konkret 120% bei drei und sogar 160% bei vier Beteiligten.
„Das ist eine Erhöhung der Hürde im laufenden Verfahren, denn im Erlass des Innensenators steht nichts davon, und der wird bereits seit August angewendet“, so Nazanin Ghafouri vom Flüchtlingsrat. „Es gibt bereits über 100 Anträge.“
 
Aus dem Sozialressort heißt es, die Rückforderung evtl. gewährter sozialer Leistungen müsse gesichert werden. Es kann aber weder die eigene Berechnung erläutern, noch weshalb in manchen Fällen 160 % des notwendigen Betrags verlangt werden sollen.
„Diese Aufteilung auf bis zu vier Personen war gedacht, damit die Hürden für die Betroffenen niedriger gehalten werden und nicht, damit die Bremer Regierung mehr Garantie hat – 100% Garantie muss ausreichen“, so Nazanin Ghafouri.
 
„Das Programm muss schnell und effektiv der Aufnahme der Betroffenen dienen – und nicht der Gewissensberuhigung von Rot-Grün-Rot“, so Ghafouri. „Auch Pakistan und Iran sind nicht sicher: aus beiden Ländern wird massenhaft nach Afghanistan deportiert.“
 
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