Recht auf Familie für syrische Staatsangehörige:
Nur als kostenpflichtige Ausnahme

Bremen hat seit dem 12. April 2021 einen neuen Erlass zur „Aufnahme syrischer Verwandter“. Der Erlass begünstigt Familien, die zuvor um ihr Grundrecht auf Zusammenleben betrogen wurden. Dafür werden fast unerfüllbare Bedingungen und ein lächerlich niedriges Kontingent von 100 Personen festgelegt.

Minderjährig eingereiste Flüchtlinge, die inzwischen volljährig sind, sollen nun ihre Eltern oder Geschwister nachholen können. Dafür müssen sie aber bereits im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis sein und auf fünf Jahre den Lebensunterhalt ihrer Familie sichern können.

„Wie sollen junge Flüchtlinge diese Voraussetzungen erfüllen können? Von ihrem Azubi-Gehalt oder dem Einstiegslohn am ersten Arbeitsplatz?“, fragt Gundula Oerter vom Flüchtlingsrat Bremen.

Zur Erinnerung: Das Recht auf Familie für unbegleitete Minderjährige ist ein wichtiges (Grund-) Recht, das in Art. 6 GG, in Art. 8 EMRK und in der Kinderrechtskonvention geschützt wird. Dieses Recht auf Familie ist im Interesse des Kindeswohls auch dringend geboten – und zwar selbstverständlich unabhängig vom Lebensunterhalt. Durch die Gesetzgebung und die Verwaltung ist dieses Grundrecht aber verschleppt, ausgesetzt und kontingentiert worden.

Umgekehrt sollen in Bremen lebende Eltern nun ihre Kinder nachholen können, die bisher vom Gesetz ausgeschlossen waren. Damit sind u.a. Familien angesprochen, die durch die menschenfeindliche Auslegung des „Nachzugs sonstiger Familienangehöriger“ durch das Auswärtige Amt voneinander getrennt wurden.

„Selbstverständlich begrüßen wir, dass Bremen – wie bereits einige andere Bundesländer – den absurd engen Spielraum des § 23,1 AufenthG nutzt und die Kosten der Gesundheitsversorgung trägt“, so Oerter. „Es ist aber absurdes Theater, diesen schwachen Ersatz für das Recht auf Familie als Antwort auf die humanitäre Notlage in Syrien und den Flüchtlingslagern darzustellen, wie Innensenator Mäurer dies tut, oder – wie Sozialsenatorin Stahmann – als Aufnahmeanordnung mit humanitärem Charakter.“

Mit dem Erlass werden bei den Betroffenen Hoffnungen geweckt, die durch die extrem hohen Hürden aber voraussichtlich nicht erfült werden können. Die Landesaufnahmeprogramme zeigen vielmehr exemplarisch, wie weit staatliches Handeln mit Hilfe von diskriminierenden und rassistischen Diskursen nach rechts verschoben wurde.

„Die Grundrechte auf Leben, Familie und Bewegungsfreiheit werden von staatlichen Stellen nicht geschützt oder geachtet – ihre Gewährung gilt vielmehr als kosten- und genehmigungspflichtige Ausnahme von der Regel“, fasst es Gundula Oerter vom Flüchtlingsrat Bremen zusammen.

Hinweis:
Wenn Sie als Betroffene nicht sicher sind, ob Ihre Familie vom Erlass profitieren kann, rufen Sie uns bitte in unserer Beratungseinrichtung an: 0421 4166 1218.

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