Seit Jahren stellt das Standesamt Bremen Schwarze Eltern anlasslos unter den Generalverdacht, sie würden bei der Geburtsbeurkundung ihres Kindes Falschangaben machen. Das Oberlandesgericht Bremen und das Amtsgericht Bremen haben diese diskriminierende Praxis in einem aktuellen Fall zurückgewiesen. Die Bedeutung dieser gerichtlichen Entscheidungen geht über den Einzelfall hinaus.
Das Standesamt hatte eine vollständige Geburtsurkunde verweigert, obwohl die Eltern ihre Angaben wie gesetzlich vorgesehen mit dem Pass und den eigenen Geburtsurkunden nachgewiesen hatten. Das Standesamt hatte weder konkrete Zweifel an den Angaben der Eltern geäußert, noch Zweifel an der Echtheit der Dokumente vorgebracht, aber dennoch verlangt, die Eltern müssten ihre Identität vor der Eintragung in das Geburtenregister umfangreich überprüfen lassen. Die Überprüfung sei ganz allgemein wegen des „unzuverlässigen Urkundenwesens“ in ihrem Herkunftsland notwendig. Dies haben das Amtsgericht Bremen und das Oberlandesgericht nun verworfen, nachdem die Betroffenen mit Hilfe der Bremer Anwältin Meyer-Mews geklagt hatten.
Der Pass reicht grundsätzlich zum Nachweis der eigenen Identität aus, ohne konkreten Anlass umfangreiche weitere Nachweise zu verlangen, ist rechtswidrig:
„Die Identität einer Person, ihre Staatsangehörigkeit und grundsätzlich auch ihr Name werden nach einhelliger Auffassung vorrangig durch die Vorlage eines Nationalpasses nachgewiesen (…). Dies entspricht einerseits dem völkerrechtlichen Grundsatz der Passhoheit der einzelnen Staaten und trägt andererseits dem Umstand Rechnung, dass der Einzelne praktisch keine andere Möglichkeit hat, seine persönliche Identität urkundlich effektiv nachzuweisen.“ (Auszug aus dem Beschluss des OLG Bremen vom 22.03.2023).
Dem Flüchtlingsrat ist eine große Zahl betroffener Eltern, u.a. mit ghanaischer und nigerianischer Staatsangehörigkeit bekannt. Oftmals wurde eine Überprüfung von Dokumenten schon verlangt, bevor diese überhaupt vorgelegt waren. Das Standesamt, eigentlich chronisch überlastet, betrieb mit erheblichem Aufwand und anlasslos ein „Amtshilfeüberprüfungsverfahren“, das zudem vielfach kaum zum Erfolg führen konnte.
Dieses diskriminierende und anmaßende Vorgehen der Standesämter in Bremen hatte in der Vergangenheit bereits zu Protesten der Betroffenen vor dem Standesamt Mitte sowie zu Beschwerden verschiedener Beratungsstellen geführt.
Fehlende oder unvollständige Geburtsurkunden führen für die betroffenen Eltern und das Kind zu erheblichen Schwierigkeiten. Eine Geburtsurkunde wird unter anderem von der Krankenversicherung, der Kindergeldstelle, dem Jobcenter und den Passämtern verlangt. Die Korrektur der Urkunde ist aufwändig und es fallen Gebühren an.
„Die Bremer Standesämter diskriminieren Schwarze Bremer Eltern durch schikanöse Überprüfungen und pauschale Unterstellungen,“ kommentiert H. Dieckmann für den Bremer Flüchtlingsrat. „Diese Variante von behördlichem racial profiling muss nun auch über diesen Einzelfall hinaus aufhören.“