Pressemitteilung vom 04.11.2020
Die ehemalige Leiterin der Bremer Außenstelle des BAMF wird seit mehr als zwei Jahren von der Staatsanwaltschaft Bremen beschuldigt, Flüchtlinge zu Unrecht anerkannt zu haben. Der Rechtsanwalt der Beschuldigten hat Ende Oktober erstmals eine Asylakte zu den Vorwürfen einsehen können. Aus dieser ergibt sich, dass die damalige Asyl-Anerkennung inzwischen gerichtlich überprüft und bestätigt wurde. Das bedeutet nicht weniger, als dass Frau B. in diesem Fall strafrechtlich verfolgt wird, weil sie inhaltlich und rechtlich korrekt eine Asylanerkennung vorgenommen hat.
Diese Enthüllung wirft ein erschreckendes Licht auf die fortschreitende Radikalisierung staatlicher Institutionen hin zu einer extrem rechten Politik der Delegitimierung und Entrechtung von Geflüchteten. Nach den rechtsstaatswidrigen Konzepten „sichere Herkunftsländer“, „gesundheitliche Abschiebehindernisse gibt es auch dann nicht, wenn es sie gibt“, „soziale Leistungen unterhalb des Existenzminimums“ und vielen weiteren Entrechtungen soll nun folgen: „Anerkennende Entscheidungen sind strafbar, auch wenn sie rechtmäßig sind“.
„BAMF und Staatsanwaltschaft gestehen unfreiwillig ein, dass das Ziel behördlicher Asylverfahren nicht die Anerkennung von Geflüchteten, sondern deren rücksichtslose und nötigenfalls rechtswidrige Ablehnung ist„, so Holger Dieckmann vom Flüchtlingsrat Bremen.
Das Vorgehen der Staatsanwaltschaft Bremen richtet sich gegen die suspendierte Beamtin und gegen einige Anwälte. Schwer getroffen werden jedoch letztlich geflüchtete Menschen. Der Export von Kriegswaffen, die Abwehr von Schiffbrüchigen im Mittelmeer, die staatliche Unterstützung von militanten Nazistrukturen, die Entwicklung und Verabschiedung verfassungswidriger Gesetze, Abschiebungen in Bürgerkriegsgebiete und vieles anderes mehr – das bleibt ebenso tödlich wie straffrei.
Bestraft werden soll dagegen eine Behördenmitarbeiterin wegen gerichtlich bestätigter, aber politisch unerwünschter positiver Entscheidungen.
„Der Schaden ist bereits entstanden“, so Dieckmann weiter. „Erst wurden unbelegte Falsch- und Vorverurteilungen in Medien und Politik verbreitet, dann hat eine ebenso große wie voreingenommene Ermittlungsgruppe der Staatsanwaltschaft die BAMF-Inszenierung weiter vorangetrieben. All dies hat zur öffentlichen Delegitimation von Flucht und zur weiteren Entrechtung von Geflüchteten beigetragen.“