Nachdem u.a. der Flüchtlingsrat es monatelang öffentlich gefordert hatte, ermöglicht das Sozialressort nun doch eine pandemiebedingte Aussetzung der verfassungswidrigen Leistungskürzungen in § 3a AsylblG.
Die Verwaltungsanweisung ist ein Fortschritt gegenüber der bisherigen völligen Ablehnung des Ressorts, für verfassungskonforme Leistungen zu sorgen. Sie kommt aber zu spät und mit zu vielen Ausschlüssen und Einschränkungen.
Wir fordern weiterhin die generelle, antraglose Aussetzung der Leistungskürzungen für alle Betroffenen zumindest für die Dauer der Pandemie. Dies ist rechtlich möglich und politisch und menschlich geboten. Einige Kommunen gehen bereits so vor.
Die neue Verwaltungsanweisung soll Ende Februar in Kraft treten. Sie sieht einzelne Ausnahmen von der verfassungswidrigen Herabstufung der Regelbedarfsstufe für alleinstehende und alleinerziehende Bewohner*innen von Übergangswohnheimen vor. Begründet wird dies mit den Pandemiebeschränkungen.
Es ist allerdings absehbar, dass nur wenige Menschen von den Ausnahmen profitieren werden. Denn das Ressort hat mehrere willkürliche Hürden eingebaut:
- Die Betroffenen müssen einzelne Anträge stellen.
Dafür müssten die Betroffenen von der Verwaltungsanweisung wissen und einen deutschsprachigen Antrag stellen. Dabei wäre es möglich, die Einstufung von Amts wegen vorzunehmen, vor allem wenn die Gründe (z.B. Quarantänen oder die Verhältnisse im ÜWH) dem Leistungsträger ohnehin bekannt sind. - Die Betroffenen sollen individuell begründen, weshalb es ihnen pandemiebedingt nicht möglich ist, mit fremden Personen gemeinsam zu wirtschaften wie es bei Paaren angenommen wird.
Im Fall einer Quarantäne hält die Verwaltungsanweisung sogar einen Nachweis für notwendig.
Die Forderung nach einer jeweils individuellen Begründung ist angesichts der vergleichbaren Lebensumstände und der ansonsten sehr pauschalen Pandemieregelungen nicht nachvollziehbar und wird auch zu einem erheblichen Verwaltungsaufwand führen. - Die Regelung tritt erst Ende Februar 2021 in Kraft und sieht bisher keine rückwirkende Anwendung vor.
Die Pandemiebeschränkungen gelten aber seit fast einem Jahr. Das Sozialressort gesteht nun – entgegen früheren Behauptungen – zu, dass Ausnahmeregelungen rechtlich möglich sind. Die Folgen des bisherigen Versäumnis des Ressorts müssen aber die Betroffenen tragen.