MediNetz Bremen: Antwort an den Bremer Rat für
Integration bezüglich seiner Stellungnahme zur
Forderung der Schließung der Erstaufnahmeeinrichtung
für Geflüchtete

Bremen, den 03.04.2020

Antwort an den Bremer Rat für Integration bezüglich seiner Stellungnahme zur Forderung der Schließung der Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Mitglieder des Bremer Rats für Integration,

am 27.03.2020 hat sich der Bremer Rat für Integration (BRI) für den Erhalt der Erstaufnahmeeinrichtung (EAE) Lindenstraße auch während der Corona Krise ausgesprochen. Der Rat bezieht sich dabei auf die Stellungnahme der Willkommensinitiative Vegesack zur Petition „Schließt Massenunterkunft Lindenstraße“.

Das MediNetz Bremen ist an den Bremer Rat angebunden und schaut auf eine gemeinsame Zusammenarbeit zurück. Von der in der Stellungnahme ausgedrückten Haltung des BRI zur EAE möchten wir uns allerdings als MediNetz deutlich distanzieren. Wir halten die Argumentation der Willkommensinitiative für fahrlässig und nicht vereinbar mit den Auflagen, unter der die Stadt Bremen zur Eindämmung der Pandemie zur Zeit steht. Sie widerspricht den essentiellen Empfehlungen des RKI, die darauf abzielen, eine Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern und die Sterblichkeitsrate in Deutschland niedrig zu halten.

Die These, wonach bei einer Verlegung der Geflüchteten in Hotels die Einhaltung der Hygiene noch weniger gewährleistet wäre als in der EAE und die Problemlage mit SARS CoV-2 Infektionen sich dort verschärfen würden, halten wir für eine schwerwiegende Fehleinschätzung.

Die hygienischen Maßnahmen, die von der Sozialbehörde in der Pressemitteilung vom 27.3.2020 zum „Schutz der Geflüchteten“ beschrieben werden, zielen in keiner Weise darauf ab, ein „physical distancing“ in der EAE zu ermöglichen. Im Gegenteil wird bis heute weiterhin in großen Gruppen gleichzeitig in der Kantine gegessen, und auch die Bäder werden mit vielen Menschen geteilt.

Die Neuankömmlinge werden zwar im separaten Trakt, aber zu mehreren untergebracht und haben zudem Kontakte zu anderen Personen, etwa über die gemeinsame Kantine. Eine infizierte Person, wie das aktuell der Fall ist, hat relativ schnell einen großen Kreis an möglichen Übertragungskontakten zu BewohnerInnen oder Personal. Mit den angewandten Schnelltests lassen sich (im Gegensatz zum Abstrichtest) akute Infektionen nicht ausreichend anzeigen. Es bestehen gefährliche Zeitlücken.

Die medizinischen Sprechstunden vor Ort sind sinnvoll und gut, aber völlig ungeeignet, um im Falle einer solchen Ansteckungskette ausreichend schnelle fachliche Hilfe zu leisten.
Die Behauptung, eine medizinische Sprechstunde vor Ort sei der bessere Gesundheitsschutz für die Menschen in Zeiten von Corona als die dezentrale Unterbringung in kleinere Einheiten, ist unangebracht und falsch.

In Bremen sind spätestens seit dem 16.03.2020 fast alle Lebens- und Arbeitsbereiche massiven Veränderungen und Einschränkungen unterworfen. Für die Verringerung der Ausbreitung der Pandemie werden an vielen Stellen und mit viel Aufwand sehr pragmatisch und schnell Lösungen für die Umsetzung der RKI-Richtlinien (vor allem physical distancing) gefunden. Das RKI hat bereits am 03.03.2020 die Auflösung von Massenunterkünften empfohlen. Der BRI hingegen hält

daran fest, eine Auflösung dieser Einrichtung mit mehreren hundert Menschen würde sich im rechtlichen Graubereich bewegen und kritisiert, dass bei der Forderung der Schließung die Arbeit der Ehrenamtlichen und die Mitarbeiter*innen der EAE nicht genügend gewürdigt werde.

Uns ist die Haltung des BRI zur EAE unbegreiflich. Wir fordern den BRI auf, sein Statement zurückzunehmen und sich von der Stellungnahme der Willkommensinitiative Vegesack zu distanzieren.

Mit freundlichen Grüßen, MediNetz Bremen

Pressemitteilung als PDF

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