Neuer Bericht dokumentiert dramatische Haftbedingungen
PRO ASYL: Rechtswidrige Inhaftierungen von Flüchtlingen beenden
Eine deutsch-französische Recherchegruppe aus JournalistInnen, AnwältInnen, AktivistInnen, einer Ärztin und mit Beteiligung des Bremer Flüchtlingsrats hat sich Anfang März 2015 in der mazedonischen Hauptstadt Skopje aufgehalten und mit Unterstützung von PRO ASYL die Situation von Flüchtlingen in der Aufnahmeeinrichtung „Gazi Baba“ dokumentiert.
Gazi Baba ist de facto ein Gefängnis. Gespräche mit ehemaligen Insassen ergaben ein dramatisches Bild. Es setzt sich zusammen aus Überbelegung, völlig unzureichender medizinischer Versorgung und schlechter Verpflegung, wodurch massive gesundheitliche Risiken für die Untergebrachten entstehen. Die Insassen dürfen keinen Besuch erhalten.
De facto handelte es sich bei Gazi Baba nicht um eine Aufnahmeeinrichtung, in der den Interessen Asylsuchender an Unterbringung und einer ordnungsgemäßen Durchführung des Asylverfahrens Rechnung getragen wird.
Die extreme Überbelegung bestätigt auch das mazedonische Helsinki-Komitee. Die für 150 Personen ausgelegte Einrichtung sei zurzeit mit 300 Personen überfüllt, sodass nicht jedem Untergebrachten ein eigenes Bett zur Verfügung stehe. Das Komitee hat nach seinen Angaben den Hinweis erhalten, mehrere Syrer seien in Gazi Baba gefoltert worden, konnte jedoch mangels Zugang entsprechende Berichte nicht überprüfen.
Menschenrechtsorganisationen, darunter Amnesty International und dem mazedonischen Helsinki-Komitee, wird der Zugang zur Einrichtung verweigert. Auch die Recherchegruppe durfte die aktuellen Insassen, unter ihnen ganz überwiegend syrische Staatsangehörige, nicht sprechen. Es konnten jedoch Gespräche mit ehemaligen Insassen und Experten geführt werden.
Es ist davon auszugehen, dass die Inhaftierung von Asylsuchenden und Flüchtlingen selbst nach mazedonischem Recht rechtswidrig ist. Da es keinen Zugang zu Rechtsschutz und Rechtsbeiständen gibt, ist davon auszugehen, dass es keine effektive rechtsstaatliche Möglichkeit gibt, in einem Überprüfungsverfahren Rechtsmittel gegen Haft und Haftbedingungen einzulegen.
PRO ASYL fordert von der mazedonischen Regierung, sofort den ungehinderten Zugang von Nichtregierungsorganisationen in die Einrichtung zu ermöglichen, die ungestörte Kommunikation zwischen NGO-Vertretern und (de facto)-Häftlingen sicherzustellen, die Haftbedingungen zu verbessern, rechtswidrige Inhaftierungen zu beenden und dafür zu sorgen, dass für Asylsuchende generell eine faire und individuelle Prüfung ihrer Asylanträge stattfindet. Die Recherchegruppe und PRO ASYL schließen sich den Forderungen von Amnesty International (Urgent Action vom 27. Februar 2015) gegen die unmenschlichen und erniedrigenden Inhaftierung an.
Am Sitz der Bundesregierung in Berlin sollten die Alarmglocken klingeln. Schließlich hat man Mazedonien vor kurzem erst per Gesetz als „sicheren Herkunftsstaat“ im Sinne des deutschen Asylrechts eingestuft. Auf die Liste solcher Staaten können aber, auch nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts, nur Staaten gelangen, die nicht nur die internationalen Menschenrechtsabkommen unterzeichnet haben, sondern diese auch im Alltag durchsetzen. Die menschenrechtswidrigen Zustände in Gazi Baba und die vorsätzliche Behinderung der Arbeit mazedonischer und internationaler NGOs belegen jedoch, wie es in der Praxis um Mazedoniens Verhältnis zu den Menschenrechten steht.
Den Bericht der Recherchegruppe sowie weitere Informationen über das Flüchtlingslager Visbegovo finden Sie hier: Gazi Baba Asylknast in Skopje. Alle Fotos (c) Schneider/ Baeck.