Keine Sonderlager für niemanden/
Kritik am Flüchtlingsgipfel

Ministerpräsidentenkonferenz am 18.6.15 will Pläne für Sonderlager beschließen / Großer Anteil an Roma unter Balkan-Flüchtlingen / Deutschland muss historischer Verantwortung gerecht werden

Bei der Ministerpräsidentenkonferenz am 18.6.2015 in Berlin sollen die Planungen von Bund und Ländern für eine Neuausrichtung der Asylpolitik beschlossen werden. Durchgesetzt hat sich offenbar das Aschenputtel-Prinzip: Die ‚guten‘ Flüchtlinge mit Bleibeperspektive sollen ins ‚Töpfchen‘ und bereits im Asylverfahren Zugang zu Integrationskursen und eine verbesserte medizinische Versorgung bekommen.

Die vermeintlich‚bösen‘ Flüchtlinge kommen ins ‚Kröpfchen‘, sollen in Sonderlagern untergebracht und schnellstmöglich abgeschoben werden.

Laut Bundesinnenminister Thomas de Maizière sollen für sie „in andere Verfahren und Einrichtungen kommen“. De Maizières Haus hat dafür den Vorschlag entwickelt, bundesweit große Sonderlager mit 3.000-5.000 Plätzen einzurichten, in denen ausschließlich Balkan-Flüchtlinge untergebracht werden.

„Die geplanten Sonderlager sollen Balkan-Flüchtlinge, zum großen Teil Roma, abschrecken, ausgrenzen, isolieren und sie dazu bewegen, schnellstmöglich aus Deutschland zu verschwinden“, kritisiert Marc Millies vom Bremer Flüchtlingsrat.

In diesen Sonderlagern sollen die Asylanträge durch MitarbeiterInnen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge innerhalb weniger Tage abgelehnt werden. Auch die Verwaltungs-gerichte sollen dort Außenstellen einrichten und Klagen gegen die Ablehnungen zeitnah abweisen. Die sich anschließenden Abschiebungen soll die Bundespolizei durchführen. Ihre Verteilung auf die Bundesländer, in die Landkreise und kreisfreien Städte, ist nicht mehr vorgesehen.

„Eine individuelle Beratung sowie Hilfen für vulnerable Gruppen wie Kinder, Schwangere und Traumatisierte würden erheblich erschwert“, erläutert Marei Pelzer von Pro Asyl die Konsequenzen.

Besonders gravierend ist bei diesen Vorhaben, dass dringende Schutzgründe bei Balkan-Flüchtlingen bestehen können, gerade wegen des hohen Anteils an Roma. Bei den für sicher erklärten Herkunftsländern Serbien, Bosnien-Herzegowina und Mazedonien liegt er in den Monaten Januar bis März 2015 zwischen 57 und 92 %, bei Albanien und dem Kosovo zwischen 6 und 21 % (s. Tabelle im Anhang). Roma sind die am meisten verfolgte Minderheit in ganz Europa. Recherchen von VertreterInnen des Bremer Flüchtlingsrats, zuletzt in Mazedonien, bestätigen dies.

„Was Bund und Länder hier planen, ist die Fortsetzung der Diskriminierung von Roma, jedoch nicht mit körperlicher Gewalt und offener Anfeindung, wie auf dem Balkan“, so Millies, „sondern mit der eiskalten Gründlichkeit deutscher Bürokratie. Diese Kaltschnäuzigkeit im Umgang mit den Nachfahren der Opfer des nationalsozialistischen Völkermords ist schockierend!“

Mehr dazu hier:
Stellungnahme Pro Asyl
Hintergrund Mazedonien
Stellungnahme Bundesromaverband

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