Informationen und Positionierung des Flüchtlingsrat Bremen
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat auf Anweisung des BMI und der IMK im Sommer 2018 beschlossen, zukünftig in bestimmten Fällen des Kirchenasyls in Dublinverfahren eine Überstellungsfrist von 18 Monaten zu behaupten. Nach Ablauf der Überstellungsfrist kann eine Abschiebung innerhalb der EU nicht mehr durchgeführt werden.
Auf diesem Weg ein Asylverfahren in Deutschland zu ermöglichen ist in der Regel das Ziel des Kirchenasyls. Wie lang die Überstellungsfrist ist, ist jedoch in der Dublin-Verordnung, die auch in Deutschland unmittelbar anwendbares Recht ist, eindeutig geregelt. Dort steht in Art. 29 Abs. 1, dass die Frist 6 Monate beträgt. Wenn die betreffende Person flüchtig ist, kann die Frist auf maximal 18 Monate verlängert werden.
Die vom BAMF in einem „Merkblatt“ beschriebenen Kriterien beziehen sich nicht auf diese rechtliche Grundlage. Es wird stattdessen zum Beispiel dann eine verlängerte Frist behauptet, wenn zwar eine Mitteilung zum Kirchenasyl vorliegt, diese aber nicht von der vom BAMF vorgesehenen Person kommt, oder wenn das BAMF der Begründung für das Kirchenasyl nicht folgen will. Mehrere Verwaltungsgerichte haben bereits entschieden, dass eine Person im Kirchenasyl nicht flüchtig im Sinne der Verordnung ist, da sie ja für die Behörden erreichbar ist.
Wir hoffen, dass die Verwaltungsgerichte auch zukünftig auf der Grundlage von Fakten und der Rechtslage entscheiden und sich nicht den tendenziösen politischen Zielsetzungen des Bundesinnenministeriums unterordnen. Bei der versuchten Neuregelung handelt es sich erkennbar um ein politisch motiviertes Manöver, mit dem die Kirchenasyle erschwert und unter Druck gebracht werden sollen. Die hohe Zahl an Kirchenasylen zeigt, dass ein großer Teil der Bevölkerung und der Betroffenen nicht bereit ist, die menschenrechtswidrige Asylverhinderungspolitik der Bundesregierung mitzutragen. Abschiebungen in Länder, in denen Geflüchtete nicht geschützt werden, illegal in das Land der Verfolgung zurückgeschickt werden oder unter unmenschlichen Bedingungen leben müssen, werden so verhindert. Das Dublinregime, in dem Menschen wie verschiebbare Gegenstände behandelt werden, und das der Bundesrepublik Deutschland eine 0%-Quote zuordnet, wird durch die Kirchenasyle unterlaufen und muss aus menschenrechtlicher Sicht auch unterlaufen werden.
Die versuchte Neuregelung hat für einige Verunsicherung bei Betroffenen und Unterstützer*innen und in den Kirchengemeinden gesorgt. Tatsächlich ist trotz der absurden und wirklichkeitsfremden Ideen des BAMF nun in der Regel eine Auseinandersetzung über die Dauer der Überstellungsfrist notwendig. Es spricht jedoch einiges dafür, dass auch zukünftig die Überstellungsfrist in der Regel 6 Monate betragen wird. Neben dem Rechtsstreit vor Gerichten, der in der Regel von eine*r Rechtsanwält*in geführt werden sollte, halten wir auch eine öffentliche Kritik am Vorgehen des BAMF und eine klare Positionierung für die Notwendigkeit und Legitimität des Kirchenasyls für geboten.
Menschen im Kirchenasyl werden nicht rechtlos, bloß weil sie sich einer Abschiebung entziehen. Ihnen stehen u.a. weiterhin Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu, was sich aus § 1 Abs. 1 Nr. 5 und § 10a AsylbLG ergibt. Der Sozialleistungsträger sollte über den Aufenthalt im Kirchenasyl informiert werden. Ein evtl. Bescheid über die Einstellung der Leistungen sollte angefochten werden. Selbst wenn der Sozialleistungsträger die Leistungen gemäß § 1a Abs. 2- 5 AsylbLG kürzen will, stehen der betreffenden Person weiterhin Leistungen zur Sicherung der gesundheitlichen Versorgung zu, da diese nicht gekürzt werden dürfen. Auch der Schul- und Kitabesuch von Kindern im Kirchenasyl (wie von papierlosen Kindern) ist möglich und muss von der zuständigen Schule ohne Mitteilung an die Ausländerbehörde gewährleistet werden (§ 87 Abs. 1 AufenthG). Die Bremer Bildungsbehörde hat eine Verfügung (V53/2018) erlassen, die dies sicherstellen soll.