Jugendamt: E-Mail Ablage statt effektivem Rechtsschutz

Nachdem das Oberverwaltungsgericht Bremen im April festgestellt hatte, dass das Bremer Jugendamt gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstößt, indem es Unbegleiteten Minderjährigen keinen effektiven Rechtsschutz bietet, werden in dieser Woche die deshalb anstehenden Veränderungen in der zuständigen Sozialdeputation erläutert.

Die senatorische Behörde hält es offenbar für ausreichend, E-Mails von einer Stelle des Jugendamtes zu einer anderen Stelle des Amtes schicken zu lassen.

Im April dieses Jahres stellte das OVG Bremen fest, dass das Jugendamt routinemäßig die Menschenrechte von unbegleiteten Minderjährigen verletzt, indem es keinen effektiven Rechtsschutz sicherstellt: „Die Vorgehensweise [der Senatorin für Jugend] genügt den vorgenannten Anforderungen [von Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention EMRK] nicht“, teilte das OVG in Bezug auf ein Altersfestsetzungsverfahren lapidar mit.

Fast ein Jahrzehnt lang hat Bremen die rechtliche Notvertretung von Minderjährigen während der vorläufigen Inobhutnahme nur zum Schein wahrgenommen. Neu in Bremen ankommende UMF sahen sich den behördlichen Maßnahmen allein gegenüber, ohne Vormund oder rechtliche Notvertretung. Dabei geht es zum Teil um existentielle und irreversible Entscheidungen, die zudem wiederholt als rechtswidrig korrigiert werden mussten, etwa Verteilungsverfügungen, die Androhung und Anwendung von Gewalt, fiktive Altersfestsetzungen und die Höhe des „Taschengeldes„.

In dieser Woche befasst sich die zuständige Sozialdeputation mit der Reaktion der Behörde auf den Gerichtsbeschluss, eine interne Weisung an das Jugendamt. Als einzige Änderung zum bisherigen Verfahren soll die Amtsvormundschaft jeweils eine E-Mail erhalten, wenn das Jugendamt bestimmte Maßnahmen ergreift.

„An den Möglichkeiten der Amtsvormundschaft, tatsächlich als rechtliche Notvertretung für die UMF tätig zu werden, ändert das erstmal fast nichts,“ kommentiert Holger Dieckmann für den Flüchtlingsrat Bremen. „Eine E-Mail von einer behördlichen Stelle zu einer anderen ersetzt kein Gespräch mit den betroffenen Jugendlichen, ersetzt keine Abwägung der Angemessenheit oder Zumutbarkeit von Maßnahmen. Ohne weitere Änderungen ist zu erwarten, dass die notwendige und gesetzlich vorgeschriebene rechtliche Notvertretung weiterhin de facto nicht stattfindet.“

Der Flüchtlingsrat Bremen hat die zuständige Senatorin deshalb heute zu wirksamen Änderungen bei der rechtlichen Notvertretung aufgefordert:

  • Die Amtsvormundschaft soll ausreichend Zeit erhalten, um die rechtliche Notvertretung tatsächlich wahrnehmen zu können. Bisher wurde die notwendige Entlastung von anderen Aufgaben nicht einmal beziffert.
  • Es muss dokumentiert und in Berichten veröffentlich werden, wie und wie oft die rechtliche Notvertretung tätig wird. Aus der Perspektive der UMF ist sie bisher gar nicht existent. Berichte oder eine Evaluation gibt es nicht.

E-Mails abzulegen ist kein effektiver Rechtsschutz!

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