Ein großer Aktivist, ein Freund, ein Wegbegleiter im gemeinsamen Kampf gegen Antiziganismus und für ein Bleibrecht für Roma ist nicht mehr bei uns. Nach schwerer Krankheit ist Djevdet Berisa am 1. März im Alter von 49 Jahren gestorben. Es fällt uns schwer das zu begreifen, schien er doch immerzu voller Tatendrang. Noch im vergangenen Jahr fuhr er mit “seinen” Jugendlichen von Ternengo Drom`e Romengo aus Niedersachsen nach Kroatien um ein weiteres von ihm geplantes Jugendaustauschprojekt durchzuführen. Noch kurz vor seinem Tod versorgte er Mitstreiter*innen telefonisch mit organisatorischen Informationen, denn alles musste doch schließlich weitergehen…
Geflohen vor dem Bürgerkrieg in Jugoslawien, kamen Djevdet und seine Familie 1992 nach Niedersachsen. Wie viele jugoslawische Bürgerkriegsflüchtlinge lebten sie lange Zeit mit dem Status der “Duldung” an den Rand der Gesellschaft gedrängt und in der damit verbundenen latenten Angst vor einer Abschiebung.
Djevdet begann sehr schnell, sich für die Rechte der geflüchteten Roma in Niedersachsen einzusetzen. Ihm war frühzeitig klar, dass sich Roma selber organisieren müssen, dass sie selber sprechen, auf Bündnispartner zugehen und ihren Protest auch auf die Straßen tragen mussten. So hatte Djevdet maßgeblichen Anteil am Aufbau des Vereins Romane Aglonipe im Jahre 1999. Er war Delegierter im Forum der Roma, Ashkali und Ägypter bei der GfbV, sowie Mitinitiator des Roma-Forum in Niedersachsen. Man schätzte ihn für seine Mitarbeit in der Niedersächsischen Beratungsstelle für Sinti und Roma, sowie für seine Aktivitäten im Vorstand der Arbeitsgemeinschaft Migrantinnen und Migranten in Niedersachsen.
Djevdet`s Kopf wie auch sein Herz waren unaufhaltsame Produktionsstätten für Projektideen. Er setzte auf kulturelle Begegnungen und Aktivitäten und vor allem, auf Empowerment der Roma Jugendlichen. Sein Optimismus, die Überzeugtheit seines Handelns, und nicht zuletzt seine herzliche und fröhliche Art haben viele Menschen nachhaltig begeistert.
Als zu Beginn der 2000er Jahre mit der politischen Debatte um die Rückführung der Bürgerkriegsflüchtlinge die Bedrohungsspirale für die Betroffenen sich immer mehr zuspitzte, gehörte Djevdet Berisa zu den engagiertesten Akteur*innen: Er mobilisierte Roma in Niedersachsen und darüber hinaus, um z.B. bei den Innenministerkonferenzen und zu zahlreichen anderen Anlässen gegen die drohenden Abschiebungen von Minderheitenangehörigen in die Nachfolgestaaten Jugoslawiens zu protestieren. Beständig wies er auf die weiterhin bestehende Verfolgung, die elenden Lebensbedingungen und den evidenten Rassismus hin. Eine „Rückkehr in Würde“ in das Gebiet Ex-Jugoslawiens ist kaum möglich, wie Djevdet Berisa nicht müde wurde zu betonen, solange eine Mehrheitsbevölkerung die Minderheitsangehörigen bedroht und ein struktureller Antiziganismus Roma und andere gesellschaftlich ausschließt.
„Alle Roma bleiben hier!“ war daher eine seiner zentralen Forderungen.
Die Mobilisierungen waren stets mühsam. Wie überzeugt man Menschen für ihre Rechte zu kämpfen, die seit Generationen am Rande der Verzweiflung leben, die immer wieder verdrängt und vertrieben wurden? Djevdets Optimismus war unerschütterlich. Djevdet hat allen die ihn kennenlernen durften im besten Sinne vorgelebt, wie man Akteur der eigenen Geschichte wird und selbst für Veränderungen eintritt. Tag für Tag.
„Alle Roma bleiben hier!“ war und ist unsere gemeinsame politische Forderung. Einer derjenigen, der sein Leben dafür lebte ist nun nicht mehr hier. Wir werden Djevdet sehr vermissen.