Morgen eröffnet das Landgericht Bremen das Verfahren gegen Ulrike B., frühere Leiterin der BAMF- Außenstelle Bremen sowie gegen einen Rechtsanwalt aus Niedersachsen. Der medial verbreitete Vorwurf, Ulrike B. habe zu Unrecht Asylberechtigungen zuerkannt, musste schon vor Beginn der Gerichtsverhandlung fallen gelassen werden. Die größte und vermutlich voreingenommenste Ermittlungsgruppe, die je in der Bremer Staatsanwaltschaft bestand, hat es trotz aller – sogar mutmaßlich rechtswidriger – Anstrengungen nicht einmal geschafft, diesen Kern des so genannten BAMF-Skandals in die Hauptverhandlung zu retten. Verhandelt wird ab morgen vor Gericht nur noch, ob Ulrike B. zwei Billig-Hotelrechnungen korrekt abgerechnet und unrechtmäßig Informationen weiter gegeben hat.
Die Lüge vom angeblichen Missbrauch des Asylrechts ist bereits vor dem Gerichtsverfahren als eine solche entlarvt worden“, so Nazanin Ghafouri vom Flüchtlingsrat Bremen. „Ulrike B. war die ganze Zeit über nur vordergründig das Ziel des Verfahrens. Von Anfang an ging es erkennbar um ein größeres, um ein politisches Ziel: Nämlich darum, das Recht auf Asyl selbst zu untergraben.“
Dies musste schon beim Blick auf die Fallkonstellationen deutlich werden: Es ging fast ausschließlich um yezidische Kurd*innen, die mit knapper Not einem Genozid durch den IS im Irak entkommen waren – einem Genozid übrigens, für den teilweise aus der Bundesrepublik exportierte Waffen benutzt wurden.
Das BMI, das BAMF und die versammelte bundesdeutsche Medienlandschaft behaupteten monatelang allen Ernstes, das deutsche Asylrecht sei so beschaffen, dass diese Menschen kein Recht auf Asyl bekommen dürften und dies nur durch Betrug erlangen könnten. Der niedersächsische Innenminister trieb es bis zur grundrechtswidrigen Trennung und zwischenzeitlichen Abschiebung mindestens einer der betroffenen Familien – ganz so, als gäbe es kein Recht auf Asyl für Verfolgte, sondern ein Recht auf behördliche Körper- und Grundrechtsverletzung.
In diesem wie in allen anderen Fällen, die es bis vor ein Gericht geschafft haben, wurden die positiven Entscheidungen des Bremer BAMF bestätigt. Es lag also gar kein Betrug vor – sondern der unbedingte Wille der Behörden, unzweifelhaft verfolgte und schutzbedürftige Menschen dennoch abzuschieben.
Der wirkliche BAMF-Skandal dauert derweil unvermindert an: Falsche, unbegründete, politisch und nicht rechtlich begründete “ablehnende“ Entscheidungen führen dazu, dass verfolgte und bedrohte Menschen abgeschoben werden oder in Angst davor leben.
„Die Praxis des BAMF ist lebensgefährlich – und extrem fehlerhaft. Allein im letzten Jahr mussten beispiels – weise 60 % der abgelehnten Anträge afghanischer Staatsangehöriger, die es überhaupt bis in das Gericht geschafft hatten, gerichtlich korrigiert werden“, so Ghafouri weiter. „Undenkbar, dass eine Behörde mit einer so hohen ablehnenden Fehlerquote in einem anderen Bereich ungerührt weiter arbeiten könnte!“
Der umgekehrte – falsche – Vorwurf diente jedoch ohne jeden Beweis als Vorwand für gesetzliche Verschlechterungen und führte zu einer monatelangen Lahmlegung der Außenstelle Bremen zulasten der Geflüchteten. Bis heute ist die Situation im BAMF Bremen stellenweise desaströs: So gibt es seit ca. zwei Jahren keine geschulten weiblichen Sonderbeauftragten zur Würdigung geschlechtsspezifischer Fluchtgründe. Die Asylverfahren unbegleiteter geflüchteter Mädchen werden auf diese Weise verschleppt, der Nachzug ihrer Familien wird damit sehenden Auges gefährdet oder gar konterkariert.
„Mit der BAMF-Lüge zeigte sich, mit welchem Eifer in Deutschland Unrecht gegen Geflüchtete durchgesetzt wird – dazu brauchte es noch nicht einmal formal zu Recht erklärt werden“, resümiert Ghafouri. „Das ist der wirkliche Skandal!“