Ende Dezember hat der Bremer Senat erklärt, dass er ein Aufnahmeprogramm für flüchtende Familienangehörige von afghanischen Bremer*innen auflegen will. Um dies kritisch zu würdigen, lohnt sich ein Blick auf das beendete Aufnahmeprogramm Syrien, über das der Senat heute in der Deputation für Soziales berichtet.
Der Bericht zeigt eine menschenrechtlich desaströse Bilanz. Der Senat hatte das Programm viel zu restriktiv auf 100 Menschen begrenzt. Tatsächlich erhielten aber nur 15 Personen eine Zusage. Der wichtigste Grund ist die obligatorische Verpflichtungserklärung. Abgeben darf diese nur, wer als Alleinstehende*r über mindestens 2.300 € monatliches Nettoeinkommen verfügt – und kann damit auch nur für eine Person bürgen.
„Wie sollen junge Geflüchtete jemals solche Voraussetzungen erfüllen können? Von ihrem Azubi-Gehalt oder dem Einstiegslohn am ersten Arbeitsplatz?“ fragt Gundula Oerter vom Flüchtlingsrat.
Dennoch will der Senat nun den gleichen faktischen Ausschluss auch auf afghanische Staatsangehörige anwenden. Die afghanischen Bremer*innen sind im Durchschnitt knapp 25 Jahre alt und damit eine der jüngsten Gruppen in der Stadt. Es liegt auf der Hand, dass sie diese Voraussetzungen nicht werden erfüllen können. „Aufgrund der immens hohen finanziellen Hürden, die das Programm beinhaltet, ist zu befürchten, dass das Aufnahmeprogramm ins Leere läuft und kaum das Papier wert ist, auf dem es geschrieben ist“, so Oerter.
Der reguläre Familiennachzug zu in Bremen lebenden Geflüchteten ist über mehrere Jahre durch Gesetzgebung und Verwaltung verschleppt, ausgesetzt und kontingentiert worden, sogar dort wo ein Rechtsanspruch bestand. Selbstverständlich begrüßt der Flüchtlingsrat, dass Bremen nun (trotz anfänglicher Ablehnung dieser Forderung) zusätzliche Möglichkeiten des Familiennachzugs schaffen will.
„Den Familiennachzug auf Menschen mit stark überdurchschnittlichem Einkommen zu begrenzen, ist jedoch zynisch – besonders angesichts der Lebenssituation der afghanischen Bremer*innen und ihrer Familienangehörigen auf der Flucht“, so Oerter.
Diese extreme Beschränkung von legalen Einreisemöglichkeiten ist einer der Gründe, aus dem sich Flüchtende auf einen der gefährlichen und oft tödlichen Wege machen. Ob auf der „Balkanroute“, im Mittelmeer, in polnisch-ukrainischen Wäldern oder an einem der anderen Punkte der militärisch organisierten EU-Flüchtlingsabwehr: Es sind auch Angehörige von Bremer*innen, die dort ihre Menschenwürde und ihr Leben riskieren.
„Wir fordern zusammen mit den Betroffenen ein Aufnahmeprogramm statt ein Ablehnungsprogramm. Dafür muss auf die Verpflichtungserklärung verzichtet werden“, so Oerter.