Aufforderung an die Deputation für Soziales –
Keine Leistungskürzungen im
Asylbewerberleistungsgesetz!

An die
Mitglieder der Deputation für Soziales Senatorin für Soziales, Jugend, Integration und Sport

Abstand halten oder gemeinsam haushalten? Beides geht nicht!
Keine Leistungskürzungen im Asylbewerberleistungsgesetz!
Bremen, 22. Oktober 2020

Sehr geehrte Mitglieder der Deputation für Soziales,
sehr geehrte Senatorin Stahmann,

seit Sommer 2019 sieht das AsylblG vor, dass alleinstehende Leistungsbezieher*innen, die in einer Gemeinschaftsunterkunft oder Erstaufnahmestelle wohnen, in die Regelbedarfsstufe 2 eingeordnet werden. Sie erhalten damit monatlich um ca. 10% geringere Leistungen. Die Leistungskürzung wurde von der Bundesgesetzgebung damit begründet, Bewohner*innen von Gemeinschaftsunterkünften könnten wie eine Familie gemeinsam wirtschaften und so Geld sparen. Diese Argumentation ist lebensfremd, zynisch und diskriminierend.

Bremen setzt das Gesetz seit Inkraftreten um. Seit Ende April 2020 bestimmt die Bremische Coronaverordnung jedoch ausdrücklich, dass die Abstandsgebote auch in Übergangswohnheimen und der Erstaufnahme einzuhalten sind. Es ist offensichtlich unmöglich und unzumutbar, wie eine Familie aus einem gemeinsamen Topf zu wirtschaften, wenn gleichzeitig Abstand zueinander gehalten werden muss.

Die Bundesregierung räumte kürzlich in der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage im Bundestag ein, dass die Infektionsschutzbestimmungen das geforderte gemeinsame Wirtschaften erheblich einschränken können und die Betreffenden dann entgegen dem Wortlaut des AsylblG in die Regelbedarfsstufe 1 einzuordnen seien. In mindestens einem Bundesland wird bereits entsprechend verfahren.

Der Flüchtlingsrat hat das Sozialressort mehrfach auf die Problematik hingewiesen. Obwohl die Umstände bereits seit mehr als einem halben Jahr bekannt sind, wurde bisher keine positive Regelung getroffen.

Wir fordern Sie daher auf:

Sorgen Sie sofort für eine Regelung die die genannten Leistungskürzungen nach § 3a AsylblG zumindest für die Dauer der Pandemie aussetzt. Eine entsprechende Weisung an die Sozialämter ist offensichtlich sachlich geboten, rechtlich möglich und überfällig.

Mit freundlichen Grüßen,

N. Ghafouri
für den Vorstand des Flüchtlingsrates Bremen