Pressemitteilung vom 01.04.2020
Die Sozialbehörde hat gestern bekanntgegeben, was abzusehen war: Eine erste Person aus der Lindenstraße wurde positiv auf Corona getestet. Ein angemessener Umgang mit Corona ist in der Massenunterkunft nicht möglich. Das Sozialressort hat aber noch immer nicht die einzig richtige Konsequenz gezogen, sondern verbreitet statt dessen erneut Informationen, die die Bewohner*innen der Lindenstraße nicht bestätigen können.
Der Flüchtlingsrat steht gemeinsam mit dem Bündnis „Together we are Bremen“ in direktem Kontakt mit mehreren Bewohner*innen der EAE. Diese berichten seit Tagen übereinstimmend, dass die Neuankommenden entgegen den Verlautbarungen der Sozialbehörde nicht generell von den übrigen Menschen in der EAE getrennt werden können. Auch die nun positiv getestete Person hatte nach ihrer Ankunft regulären Kontakt zu mehreren Bewohner*innen der EAE, berichten deren Bewohner*innen.
„Wenn das Quarantäne sein soll, weiß ich nicht, was in Deutschland Quarantäne ist“, wundert sich Alpha J., ein Bewohner der EAE. „Die Neuankommenden haben zwar abgetrennte Schlafräume und essen getrennt von uns. Aber ansonsten treffen wir sie auf den Fluren und im ganzen Gebäude wie allen anderen auch.“
Die Corona-Krise geht nun in ihre vierte Woche, aber in der Lindenstraße sind noch immer über 500 Menschen gegen ihren Willen und ohne Chance auf Social Distancing untergebracht.
„Statt die Massenunterkunft zügig aufzulösen, behauptet die Sozialbehörde weiterhin, sie würde Schutzmaßnahmen innerhalb der Einrichtung ergreifen. Ihre Verlautbarungen haben sich wiederholt als nicht zutreffend herausgestellt – das wurde dann als ‚Kommunikationsfehler‘ verharmlost“, so Gundula Oerter vom Flüchtlingsrat. „Wirksamer Schutz ist in der Lindenstraße unmöglich – zur sofortigen Auflösung der Massenunterkünfte und der dezentralen Unterbringung in kleinen Einheiten gibt es keine Alternative.“
Das sehen auch die Bewohner*innen so. „Wir verlangen, dass wir noch heute alle auf Corona getestet werden. Wer negativ getestet ist, muss sofort die Lindenstraße verlassen können und eine angemessene Unterkunft zur Verfügung gestellt bekommen“, fordert Amina B. aus der EAE Lindenstraße.
Die stetige Behauptung der Sozialbehörde, die Unterbringung in der EAE sei aus Gründen der gesundheitlichen Versorgung nötig und weil nur dort eine Betreuung gewährleistet sei, führt ebenfalls in die Irre: Bei einer dezentralen Unterbringung wäre eine medizinische Betreuung durch die Arztpraxen im Stadtteil im Bedarfsfall selbstverständlich gewährleistet. Die „Betreuung“ durch die Mitarbeitenden vor Ort erhöht unter den gegebenen Umständen unnötigerweise eher das Infektionsrisiko.
„Die angebliche Betreuungsbedürftigkeit, mit der die Geflüchteten per se von der Sozialsenatorin markiert werden, ist nicht nur herablassend und entmündigend, sondern negiert auch die Bedürfnisse der Menschen“, beleuchtet Nazanin Ghafouri vom Flüchtlingsrat. „Es mag für Frau Stahmann überraschend sein – aber die Menschen sind bestens in der Lage, für sich selbst zu entscheiden, dass im Kampf gegen Corona die Unterbringung mit mehreren hundert Menschen in einem Haushalt lebensgefährlich ist.“
Shut Down Landesausgrenzungsstellen – Lindenstraße und Alfred-Faust-Straße schließen!